AMAL Mitglied Steve Koch hat an der diesjährigen Ausgabe der SeekerRaid 2000 teilgenommen. Hier seine Eindrücke der Rallye:
Diesen Sommer habe ich am SeekerRaid in Bosnien und Montenegro teilgenommen. Das ist ein „Adventure Raid“ mit über 80% Offroad-Strecken für Motorräder, die vor 2000 gebaut wurden. Ich bin mit meiner DR650 von 1992 gefahren, die ich etwas „vorbereitet“ hatte (kürzer übersetzt, neue Federungen), da mir bewusst war, dass das Gelände dort rauer ist als hier. Der Raid selbst dauerte sechs Tage mit einer Gesamtdistanz von rund 1000 km. Für Essen und Übernachtung musste man selbst sorgen. Das „Basecamp“ war jedes Mal auf einem Campingplatz, aber ich und auch andere haben außerhalb in festen Unterkünften geschlafen. Start und Ziel waren in Konic (ca. 60 km südlich von Sarajevo) im Hotel Garden City (die erste und letzte Nacht im Hotel/Appartement waren im Preis inbegriffen).
Am Sonntag, den 21. Juli, ging es mit den Anmeldungen los, bei denen jeder einen obligatorischen GPS-Tracker und den Sticker mit seiner Startnummer erhielt. Man konnte sich auch (gegen Aufpreis) bei den Fotografen anmelden, um Fotos von sich selbst während des Raids machen zu lassen. Abends gab es dann, wie an jedem folgenden Tag, das Briefing, bei dem die Strecke des nächsten Tages erklärt wurde (besondere Sehenswürdigkeiten, gefährliche Stellen, Tankstellen usw.).
Montag, 22. Juli: Von Konic nach Stolac (alles noch Bosnien), 137 km
Der erste Tag war dieses Jahr leichter als die Jahre zuvor, ein guter Teil Offroad ohne schwierige Passagen. Bosnien hat mich bereits mit seinen Landschaften überrascht. Aber es war heiß ... und da der Raid nicht auf Zeit gefahren wurde, konnte man stehen bleiben, wo und wann man wollte. Der Start sollte jedoch zwischen 8 und halb 9 erfolgen, und vor 19 Uhr sollte man wieder im Basecamp angekommen sein, was mehr als genug Zeit war, um die Strecken zu fahren.
Dienstag, 23. Juli: Von Stolac (Bosnien) nach Pluzine (Montenegro), 205 km
Am zweiten Tag ging es dann nach Montenegro, über die Grenze mit Passkontrolle und Motorradpapieren. Kurz hinter der Grenze hatte ich dann auch noch einen Platten (ein Nagel). Beim Raid muss man einen Platten selbst flicken können; ihr „Pannendienst“ ist nur für größere Schäden da. Natürlich blieb jeder stehen und bot seine Hilfe an ... einen Schlauch zu Hause in der Garage zu wechseln ist leichter als bei 34°C im Schatten im Gelände. Abends im Camp konnte ich dann einem anderen Teilnehmer seinen SeekerRaid retten, er hatte seine Kupplung verbrannt, und ich hatte neue Lamellen dabei. Man half sich gegenseitig, und kaum eine Stunde später lief seine DR wieder. Sein Gesichtsausdruck, als ich ihm sagte, ich hätte eine „Ersatzkupplung“ dabei, hätte ich fotografieren sollen: von völliger Enttäuschung bis zu einem Lachen.
Landschaftlich war es noch schöner als in Bosnien, wir fuhren viel über „Scenic Tracks“, sahen aber auch, dass die Strecken immer mehr für den großen Tourismus vorbereitet werden. Immer mehr Abschnitte sind oder werden bereits mit Asphalt bedeckt. Das nimmt jedoch nichts von der landschaftlichen Schönheit ... Die Ankunft an diesem Tag war in Pluzine am See, eine wunderschöne Gegend, aber es sollte noch besser kommen.
Mittwoch, 24. Juli: Von Pluzine nach Zabljak (Montenegro), 164 km
Der dritte Tag war einer der kürzeren in Bezug auf die Kilometer, aber nicht zeitlich. Wir fuhren dort hinauf in den Durmitor Nationalpark, wieder über Scenic Routes (wo ich auch einen Luxemburger mit seinem Jeep getroffen habe). Landschaftlich einfach nur WOW, pure Natur, hinter jedem Hügel ein neuer Panoramaausblick, einer schöner als der andere.
Da ich früh angekommen war, nutzte ich die Gelegenheit, um gut essen zu gehen, was eine gute Idee war, denn kaum im Restaurant, zog ein Gewitter auf ... es regnete wie aus Eimern.
Donnerstag, 25. Juli: Von Zabljak nach Zabljak (Montenegro), 134 km
Die kürzeste Etappe (weniger Kilometer als geplant, da sie kurzfristig geändert wurde). Hier ging es weiter durch den Durmitor Nationalpark, „ein Juwel“, mehr kann ich dazu nicht sagen. Man könnte alle 500 Meter stehen bleiben, um die immense Landschaft zu bewundern. Wir fuhren ganz hoch bis zur „Tara Canyon Bridge“ und dann weiter durch den Tara Canyon, der an manchen Stellen so eng ist, dass das GPS den Kontakt zu den Satelliten verliert ... aber wunderschön.
Danach ging es steil bergauf, und aufgrund des vielen Regens am Vortag war die Piste stark ausgewaschen und dadurch technisch anspruchsvoll. Aber die alte DR kämpfte sich gut hinauf, und ich kann sicher sagen, dass das Motorrad fähiger ist als der Fahrer. Oben bot sich dann wieder eine 5-Sterne-Landschaft, pure Natur, wo man 20 km fahren kann, ohne jemandem zu begegnen, außer einem Schäfer und seinen Schafen/Ziegen ...
Ein besonderes Highlight an diesem Tag war das Essen bei Einheimischen auf ihrem Hof, wo wir lokale Spezialitäten aus Montenegro bis zum Platzen bekamen ... und der Hausherr kam auch mit Rakia und Slivovic, den wir aber alle nur „probierten“, da das selbst gebrannte Zeug doch recht stark war ...
Freitag, 26. Juli: Von Zabljak nach Foca (Bosnien), 177 km
Am fünften Tag ging es dann wieder zurück nach Bosnien. Landschaftlich noch immer ein Genuss über die „Scenic Routes“ in Montenegro, mit einem besonders steilen Abschnitt kurz vor der Grenze. Im Briefing am Vortag waren wir „gewarnt“ worden und hatten auch die alternative Route genannt bekommen, aber nichts da, die alte DR schaffte es ohne Probleme. Sogar musste ich in der Mitte stehen bleiben, weil einer vor mir stecken geblieben war. Da war ich froh, dass meine DR kürzer übersetzt war, und konnte ohne lange Kupplungsschleifen wieder anfahren ... aber es war steil, sehr steil!!
Danach fuhren wir dann noch ein bisschen über stark überwachsene „Singletrails“, die technisch, aber nicht schwierig waren, um später über gute Schotterstraßen im Basecamp anzukommen.
Samstag, 27. Juli: Von Foca nach Konic, 156 km
Der letzte Tag des SeekerRaid, aber auch hier noch schöne Landschaften und besondere Orte. Wir fuhren an „Sandpyramiden“ vorbei, einer Felsformation, bei der ich eine Pause machte, um sie mir genauer anzusehen.
Ein weiteres „Highlight“ auf der Strecke war Lukomir, ein kleines, sehr abgelegenes Dorf, zu dem es nur einen Weg hin und zurück gibt. Landschaftlich wieder einmal atemberaubend, auf dem Weg dorthin begegneten mir freilaufende, wilde Pferde. Aber im Dorf selbst war ich schnell wieder weg, denn es hat sich schon zu einem Massentourismus-Hotspot entwickelt, und in Bosnien sagt man, „wenn du noch nie in Lukomir warst, bist du kein Bosnier“ ... na ja, billige Souvenirs (made in China) sind nicht so mein Ding, also war ich dort auch schnell wieder weg.
Dann ging es weiter über felsige, steinige Pisten zurück Richtung Ziel, aber nicht ohne Probleme: 10 km vor dem Ziel riss das Kettenschloss ... da hatte ich schon befürchtet, ich würde es nicht schaffen ... aber ich hatte den immensen Teamgeist bei diesem Raid vergessen, eine Gruppe Österreicher hatte ein Ersatzschloss dabei, und das haben wir dann gemeinsam zusammengekniffelt (da wir keinen Kettennieter dabei hatten). So konnte ich dann meinen Seeker fertig fahren, auch wenn ich die letzten Kilometer wie auf „rohen Eiern“ gefahren bin.
Abends gab es dann noch eine gemeinsame Abschlussfeier an einem Bach neben dem Hotel, bei der man die neu geschlossenen Freundschaften genoss und auch über die einzelnen Erfahrungen und Missgeschicke lachte, die jeder so unterwegs hatte.
Fazit:
Für mich war dieser SeekerRaid eine „Once in a Lifetime“ Erfahrung. Mit meiner alten DR so frei und legal viel Offroad fahren zu können und das in zwei Ländern, die landschaftlich sehr schön sind und wo alle Leute, mit denen ich Kontakt hatte, überall freundlich waren. Besonders gefallen hat mir (und das sagte sogar der Organisator selbst) der Teamgeist unter den Teilnehmern. Auch wenn jeder für sich selbst oder in seiner Gruppe gefahren ist, sobald jemand stehen geblieben ist und Hilfe gebraucht hat, bekam er sie. Das wurde dann abends beim Bier geregelt, mit viel Gelächter und auch mal gesundem Gezanke. Dieser Spirit ist für mich neben der Landschaft das, was ich am meisten in Erinnerung behalten werde.
Was die Organisation angeht, muss ich auch sagen, dass alles top professionell war. Es waren jeden Tag vier medizinische Rettungsteams auf der Strecke unterwegs (zwei mit Jeep und zwei Rettungssanitäter mit Motorrad) und auch zwei Fahrzeuge mit Anhänger für Pannen. Persönliches Gepäck wurde ebenfalls von der Organisation von Basecamp zu Basecamp transportiert, sodass man tagsüber „leicht“ unterwegs war.
Für wen ist der SeekerRaid? Für alle, die ein offroad-taugliches Motorrad haben, das vor 2000 gebaut wurde. Es waren alle Klassiker am Start: Suzuki DR, Honda XR, XL und Transalp, Yamaha XT, KTM LC4, BMW GS und so weiter, insgesamt waren wir 90 Starter. Navigiert wurde mit GPS, jeder erhielt einige Tage vor dem Start die einzelnen GPX-Dateien per E-Mail. Daher sollte man auch mit seinem GPS vertraut sein. Wie es in der Beschreibung auf ihrer Website steht, muss/sollte man jedoch eine gewisse Offroad-Erfahrung mitbringen, denn es ist, wie es auf ihrer Website steht, „keine Kaffeefahrt“.
Weitere Infos und Anmeldung gibt es auf ihrer Website: www.seeker-raid.com, ABER man muss sich schnell anmelden, denn dieses Jahr waren die Plätze sehr schnell ausgebucht (innerhalb einer halben Stunde!!!). Ein Video wird es auch in den nächsten Wochen auf meinem YouTube-Kanal geben.